Hörbuchgeschichten
Teaser: Die Spiegelwelt
Einige glauben, sie könnten ihren Problemen entkommen. Dass irgendwo da draußen eine perfekte Welt auf sie wartet. Eine Welt, in der sie frei sind von ihrer Vergangenheit, frei von jeglicher Schuld. Doch das Böse schläft nicht. Es lauert in den Schatten. Und egal wie sehr du versuchst zu entkommen, es wird dich finden und packen, und zu Fall bringen. Und am Ende wird es keine Rettung geben, denn der wahre Feind vor dem wir fliehen sind wir selbst.
Der Schattenhirsch 
Ein leises Wimmern drang durch die Stille, kaum mehr als ein Hauch im Wind. Scarlett folgte dem Klang und als sie die Zweige beiseite schob sah sie es. Ein kleines Wesen mit großen leuchtenden Augen und süßen kleinen Hörnern, doch glitt es mehr einem Skellett als einem Tier. Sie sah, dass sich seine Knochen  in den Steinkanten verhakt hatten. Vorsichtig löste sie es, doch in diesem Moment erstarrte die Luft und der Boden fing an, zu vibrieren. Langsam drehte sie sich um – und erstarrte. Zwischen den Bäumen erhob sich eine Gestalt, so riesig, dass ihre Geweihspitzen die Äste streiften. Ihr Gesicht war ein leerer Schädel, ein aufgerissenes Maul ohne Leben, doch als es sich öffnete, brach ein Schrei daraus hervor – tief, durchdringend, wie ein Sturm, der über tote Felder fegt. Scarlett riss sich los, stolperte, rannte. Die Äste peitschten ihr ins Gesicht, rissen ihr die Haut auf, doch das Ungetüm war nah. Sein Atem hing ihr im Nacken, warm und faulig wie Erde, die etwas längst Vergessenes birgt.
Der Schreikranich
Sie folgte dem leuchtenden Fluss, der sich wie eine Ader durch den Wald zog. Das Wasser schimmerte sanft im Dunkeln und er führte sie immer tiefer in den Wald hinein, bis sie an einen kleinen See kam. Am Ufer regten sich kranich-ähnliche Wesen. Majestätisch, doch ihre Augen leuchteten bedrohlich, als könnten sie direkt in ihre Seele blicken. Zögernd trat sie näher. Doch kaum berührten ihre Füße den weichen Boden, sank sie plötzlich ein. Sie versuchte, sich zu befreien, spürte jedoch, wie kalte Hände sie in die Tiefe zogen. Die Kraniche stießen grelle Schreie aus und schlugen mit den Flügeln, als wollten sie ihren Untergang herbeirufen. Ihre Panik verstärkte sich, und je mehr sie sich bewegte, desto tiefer wurde sie in die Dunkelheit gezogen. Als nur noch ihr Kopf aus dem Boden ragte, schwor sie in einem letzten, flehenden Moment, ein guter Mensch zu sein, und plötzlich ließen die dunklen Kräfte von ihr ab. Der Wald verstummte und mit letzter Kraft zog sie sich aus dem Morast und fiel erschöpft auf die Knie. Ihr Haar klebte nass an ihrem Gesicht. Schwer atmend blickte sie auf den See, ehe sie wieder in die Schatten des Waldes verschwand.
Der dunkle Schatten
Langsam brach die Dunkelheit heran und Scarlett wurde das ungute Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Dann hörte sie es. Ein leises Kichern – es schien von überall und nirgends zu kommen. Ihre Schritte wurden schneller. Plötzlich stolperte sie und etwas fiel aus ihrem Rucksack. Es war die Puppe, die einst ihrer Schwester gehört hatte. Doch Bevor Scarlett sie aufheben konnte, huschte ein dunkler Schatten aus dem Unterholz, griff nach der Puppe und verschwand wieder zwischen den Bäumen. Sie sprang sofort auf und rannte ihm hinterher. Und gerade als sie dachte, sie hätte ihn eingeholt, endete der Weg abrupt. Vor ihr ragte eine riesige Mauer aus Stein. In ihr eingeschlossen, ein Spiegel, So schön wie tausend Sternennächte zusammen. Sie trat näher. Sie blickte in den Spiegel, doch sie konnte sich selbst nicht mehr erkennen. Die Augen wirkten leer, ohne Seele. Und dann sah sie im Spiegel den Schatten, der ihr zuwinkte. Erst zögerte sie, doch dann fasste sie all ihren Mut zusammen und folgte dem Schatten durch den Spiegel.
Back to Top